FILME UND IHRE ZEIT startet mit einem fulminanten Doppelprogramm ins Jahr 2024:
FILM 1: Von Ufer zu Ufer (2013)
Der 15minütige Dokumentarfilm von Anja Simon zeigt die Geschichte von Christa DUHA (geb. Bartel), die im Advent 1963 als junge Frau auf Weihnachtslieder, die von der Westseite - also von Kladow her - zu ihr herüberklangen, mit dem Lied "Macht auf die Tür, die Tor macht weit" antwortete - und prompt verhaftet wurde. Mit ihr begann die Tradition des weihnachtlichen Ufersingens über die deutsch-deutsche Grenze hinweg. Das erste gemeinsame Singen nach der Wende fand am 9. November 2019, am 30. Jahrestag der Maueröffnung, statt.
Der Bläserchor der evangelischen Kirchengemeinde Groß Glienicke wird in den Abend einstimmen.
Foto: © Anja Simon
FILM 2: Der letzte Mann (1924)
Neben NOSFERATU (1922) und FAUST (1926) wahrscheinlich der berühmteste Film von Friedrich Wilhelm Murnau - ein expressionistisches Meisterwerk, mit Emil Jannings als Hotelportier und der Groß Glienickerin Maly Delschaft in einer weiteren Hauptrolle als seine Nichte.
Gezeigt wird die 101minütige restaurierte Fassung von 2003, live begleitet von Susanne Schaak an der Schuke-Orgel.
Foto: © Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden
23. Februar 2024, ab 17.00 Uhr
Dorfkirche Groß Glienicke
Glienicker Dorfstr. 11a, 14476 Potsdam - OT Groß Glienicke
Gäste: Christa Duha und Anja Simon,
an der Orgel: Kantorin Susanne Schaak
Der letzte Mann
Deutschland 1924
Regie: Friedrich Wilhelm Murnau
Drehbuch: Carl Mayer
Produktion: Erich Pommer
Musik: Giuseppe Becce
Kamera: Karl Freund
Die Geschichte ist schnell erzählt: Ein in die Jahre gekommener Hotelportier (Emil Jannings) verrichtet seinen Dienst an der Tür des "Hotel Atlantic" in Berlin. In seiner prächtigen Uniform wird er von den Gästen und seinen Nachbarn mit Respekt behandelt. Als er eines Tages beim Abladen eines schweren Koffers mit einem Schwächeanfall zusammenbricht, versetzt ihn der Hoteldirektor mit Verweis auf sein hohes Alter kurzerhand in die Herrentoilette. Seinen geliebten Job bekommt ein Jüngerer. Der gedemütigte Alte entwendet daraufhin seine Uniform und führt ein Doppelleben: Tagsüber verrichtet er traurig seinen Dienst in der Toilette, und nach Feierabend trägt er heimlich die Uniform, um seiner Familie und seinen Nachbarn vorzuspielen, es sei alles noch so wie früher. Doch der Schwindel fliegt auf...
Fotos: © Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden
Was auf den ersten Blick nach einer banalen Geschichte klingt, ließ Murnau zu einem wahren visuellen Erlebnis werden. Neben der Verwendung wesentlicher Elemente des Expressionismus wie Traumsequenzen mit Überblendungen und Spezialeffekten wenden der Regisseur und sein Kameramann erstmals in ausgereifter Form an, was "entfesselte Kamera" genannt wurde: Die Kamera löst sich vom Stativ und bewegt sich durch den Raum, außerdem nimmt sie erstmals in einem Film den subjektiven Standpunkt der Hauptfigur ein, um ihren Gefühlen einen besonderen Ausdruck zu verleihen.
Für Emil Jannings, der dem Stummfilm zu Beginn seiner Karriere gar nicht so viel abgewinnen konnte, weil er seine im Theater so wichtigen sprachlichen Ausdrucksmittel nicht einsetzen konnte, wurde dieser Film zu einem absoluten Höhepunkt seines Schaffens. Er galt seitdem als bester Schauspieler der Welt und ging 1927 in die USA, wo er einen lukrativen Vertrag mit der Paramount erhielt. 1929 wurde er als erster Hauptdarsteller überhaupt mit einem Oscar geehrt. Im selben Jahr kehrte er nach Deutschland zurück und hatte unmittelbar danach sein Tonfilmdebüt unter Josef von Sternberg in DER BLAUE ENGEL.
DER LETZTE MANN ist einer der wenigen abendfüllenden Spielfilme, die fast ganz ohne Zwischentitel auskommen. Allein Jannings intensives Spiel in Verbindung mit der herausragenden Kameraarbeit bringt die Geschichte voran und macht sie dem Publikum verständlich. Der einzige Zwischentitel gegen Ende des Films bricht die Sozialtragödie auf, indem er ein glückliches Ende der Geschichte einleitet - auch wenn sich der "Autor" davon halbironisch gleich wieder distanziert.
Der Film wird live von der Kantorin Susanne Schaak an der restaurierten Schuke-Orgel in der Dorfkirche Groß Glienicke begleitet.
Seit vielen Jahren engagiert sich die studierte Musikpädagogin und Kirchenmusikerin für die klassische Filmmusik und spielt regelmäßig auch bei Aufführungen im Filmmuseum Potsdam.
Wir konnten Sie bereits bei der Aufführung des Murnau-Filmes FAUST am 5. November 2021 erleben und freuen uns erneut auf die faszinierende Verbindung von Film und Musik!
Hier die Videobotschaft zum Film "Der letzte Mann":
mit freundlicher Unterstützung