Johann Pibert

Autor:

Johann Pibert

19.04.2021

Schauspielerin

geboren am 3. Januar 1879 in Bockenheim bei Frankfurt/Main (nach anderen Quellen 1884)

gestorben am 4. November 1978 in Berlin

Porträt der Schauspielerin Ida Wüst

Fotografie der Schauspielerin Ida Wüst, die zur Herstellung einer Ufa-Starpostkarte verwendet wurde    © Deutsche Kinemathek

Ida Wüst (1884–1958) war eine beherzte Weggefährtin. Zwischen 1921 und 1956 spielte die vielbeschäftigte Schauspielerin in rund 150 Filmen mit [1] – an der Seite der größten Stars ihrer Zeit. [2] Zu erwähnen sind etwa Tragödie der Liebe (1923, Regie: Joe May) mit Emil Jannings, Der Biberpelz (1937, Regie: Jürgen von Alten) mit Heinrich George oder Wunschkonzert (1940, Regie: Eduard von Borsody) mit Ilse Werner. Filme mit ihr waren zwar „nicht immer großes Kino“ [3], doch sie selbst war beim Publikum durchaus beliebt. [4] Sie verkörperte Gattinnen, Mütter, Schwiegermütter, Tanten und Großmütter, die „manchmal wahre Besen, aber immer amüsant“ [5] sind. In einer aktuellen Feuilleton-Erinnerung heißt es: „Als resolute Schwiegermutter und volkstümliche Mama, die sich nichts vormachen lässt, ist sie unübertroffen.“ [6] Ida Wüst durchlebte zwei große Umbrüche, die kaum unterschiedlicher hätten ausfallen können. Der Übergang zum Tonfilm Anfang der 1930er Jahre entpuppte sich für sie als „lukrative[s] Wirkungsfeld“ [7], während ihr Ex-Mann, ebenfalls Schauspieler, nicht nur wie viele andere daran scheiterte, sondern deswegen sogar Suizid beging. [8] Sie selbst hat das Ende des Nationalsozialismus getroffen. Wegen ihrer engen Kontakte zu den Nazis war sie bereits zu deren Zeiten von den Kolleg*innen „nicht sonderlich geschätzt“ [9]. Bei der Verhandlung zu ihrer Entnazifizierung 1947 wurde sie dann ausgelacht, ihre Verteidigungsversuche als unverschämt bezeichnet, der Antrag abgelehnt. [10] Die „schuldig-unschuldig in Propagandafilme verstrickt[e]“ [11] Künstlerin ging in Berufung und wurde 1949 letztendlich uneingeschränkt zugelassen. [12] Heute gehört Ida Wüst zu den „vergessenen Stars von Groß Glienicke“, deren Geschichte der 2019 gegründete Arbeitskreis Filme und ihre Zeit aufarbeiten möchte. [13]

Anmerkungen

[1]

Siehe Filmografie in anonym: Ida Wüst, in: filmportal.de, https://www.filmportal.de/person/ida-wuest_f2d2440b4854456d8590e8cd79fd43a6.

[2]

Vgl. Christoph Gunkel: „Huppa, huppa, muppa, muppa“. Frühe Tonfilme in den Zwanzigern, in: Spiegel Online, 3.2.2020,
https://www.spiegel.de/geschichte/babylon-berlin-und-der-wandel-zum-tonfilm-1929-a-0d6dcb1d-91ad-4f14-ae12-478994781e70.

[3]

Heinz Fiedler: Spezialität: Schwiegermütter. Zelluloid-Erinnerungen, in: Sächsische Zeitung, 7.12.2019,
https://www.wiso-net.de/document/SZO__a3840883d71c06bb35bf485ab50e016ba59d5f56.

[4]

Vgl. ebd.

[5]

Adolf Heinzlmeier, Berndt Schulz: Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars, Berlin 2000, 398.

[6]

Fiedler: Spezialität: Schwiegermütter.

[7]

Ebd.

[8]

Vgl. ebd. und Gunkel: „Huppa, huppa, muppa, muppa“.

[9]

Fiedler: Spezialität: Schwiegermütter.

[10]

Siehe anonym: Appellantin: Ida Wüst. Antrag abgelehnt, in: Der Spiegel, 27.9.1947, https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41121975.html.

[11]

Heinzlmeier u. a.: Lexikon der deutschen Film- und TV-Stars, 398.

[12]

Vgl. Fiedler: Spezialität: Schwiegermütter.

[13]

Siehe Birte Förster: Die vergessenen Filmstars von Groß Glienicke. Bürgerprojekt, Potsdamer Neueste Nachrichten, 29.7.2020,
https://www.pnn.de/potsdam/buergerprojekt-die-vergessenen-filmstars-von-gross-glienicke/26048906.html.

Text von Johann Pibert aus der Ausstellung „Das filmische Gesicht der Stadt Potsdam“ (https://cinematic-city.projekte-filmuni.de). Mit freundlicher Genehmigung der Projektleitung des BMBF-Drittmittelprojektes „Das filmische Gesicht der Städte“.

Hier kann das Buch "Die filmische Straßenlandschaft in Potsdam" von Anna Luise Kiss, in das dieser Text von Johann Pibert eingegangen ist, direkt heruntergeladen werden!

Cover Buch Avinus-Verlag