Oktober 28, 2025

Metropolis

Meinhard Jacobs

Das KLADOWER FORUM und FILME UND IHRE ZEIT / GGK präsentieren gemeinsam den Stummfilmklassiker

Metropolis

22. November 2025, 18:00 Uhr

Gemeindesaal der Dorfkirche Kladow 

("Kleine Philharmonie")

14089 Berlin, Kladower Damm 369

Metropolis

Stab:

Regie:

Fritz Lang

Slatan Dudow (Hospitant)

Drehbuch:

Thea von Harbou (auf Grundlage ihres Romans Metropolis von 1925)

Fritz Lang

Produktion:

Erich Pommer

Kamera:

Karl Freund

Günther Rittau

Kameraassistenz:

Robert Baberske

Günther Anders

H. O. Schulze

optische Spezialeffekte:

Eugen Schüfftan

Ernst Kunstmann

Trickkamera:

Helmut Lerski (Schüfftan-Verfahren)

Konstantin Tschet (Modellaufnahmen)

Bauten:

Otto Hunte

Erich Kettelhut

Karl Vollbrecht

Schnitt:

Fritz Lang

METROPOLIS war einer der aufwendigsten und teuersten Filmproduktionen der Weimarer Zeit. 36.000 Statisten spielten mit, es gab 8 Hauptrollen - u. a. Brigitte Helm in ihrem Filmdebüt als Maria/Maschinenmensch, der noch weitgehend unbekannte Gustav Fröhlich als Freder Fredersen, Alfred Abel als Vater von Freder Fredersen und Herrscher von Metropolis, Fritz Rasp, Theodor Loos und Heinrich George - sowie 750 kleinere Rollen (u.a. Curt Siodmak und Helene Weigel). [1] In einer zur Premiere am 10. Januar 1927 herausgegebenen Sondernummer des Ufa-Magazins werden als Mitwirkende außerdem aufgeführt: 1.100 "Kahlköpfe", 750 Kinder, 100 Schwarze (im Original wird hier das N-Wort benutzt) und 25 "Chinesen". An Arbeitslöhnen wurden 1,6 Mio Reichsmark gezahlt, zusätzlich 200.000 Reichsmark für Kostüme und 400.000 Reichsmark für sonstige Materialien wie Licht, Farbe, Holz und Mörtel. Insgesamt wurden 3.500 Paar Schuhe, 75 Perücken und 50 Autos ("nach eigenen Entwürfen") [2] eingesetzt. Da es keine genaue Aufstellung der gesamten Kosten gibt, geht man heute von einer von einem realistischen Betrag zwischen 3,5 und 5 Mio. Reichsmark aus (inflationsbereinigt wären das heute ca. 20 Mio. Euro); Schätzungen reichen sogar bis zu 22 Mio. Reichsmark.

Trotz dieses riesigen Aufwands war der Film ein kommerzielles Fiasko. Nach der Premiere wurde er nur in einem einzigen Berliner Kino noch aufgeführt und zog dort bis zum 13. Mai 1927, dem sogenannten "Schwarzen Freitag", lediglich 15.000 Zuschauer an. Danach wurde er abgesetzt. [3] Nicht zuletzt dieser Verlust führte dazu, dass die Ufa beinahe Insolvenz anmelden musste und schließlich vom einflussreichsten deutschen Medienunternehmen, dem nationalkonservativen Antisemiten Alfred Hugenberg, übernommen wurde.

Die Kritiker und das Publikum nahmen den Film überwiegend negativ auf. So schrieb etwa H. G. Wells, Pionier der Science-Fiction-Literatur, am 17. April 1927 in der New York Times [4]:

Ich habe letztens den albernsten Film überhaupt gesehen. Ich glaube nicht, dass es möglich ist, einen noch alberneren zu machen [...]. Er heißt "Metropolis", stammt aus den großen Ufa-Studios in Deutschland, und man muss erwähnen, dass er enorme Produktionskosten verschlungen hat. Er präsentiert eine turbulente Konzentration aus fast jeder denkbaren Blödsinnigkeit, Klischee, Platitüde und Chaos über den mechanischen Fortschritt und den Fortschritt im Allgemeinen, serviert mit einer Sauce von Sentimentalität [...].

H. G. Wells

New Xork Tiomes, 17. April 1927

Zerstörung und Rekonstruktion des Films

Allerdings sah H. G. Wells schon nicht mehr die Originalversion. Die Paramount, die im Dezember 1926 - also noch vor der deutschen Premiere - die für sie bestimmte Negativfassung vom Amerika-Vertreter der Ufa erhalten hatte, beauftragte den Bühnenautor Channing Pollock mit der Bearbeitung des Films. Er eliminierte ein Viertel, stellte Sequenzen und Einstellungen um und schrieb Zwischentitel neu, wodurch er die Aussage des Films komplett veränderte und erheblich banalisierte ("Ein habgieriger Arbeitgeber hofft, reich zu werden, indem er den Erfinder beauftragt, Hunderte von Arbeitern aus Stahl zu schaffen. Was auch gelingt, nur dass sie seelenlos bleiben. das Ergebnis ist katastrophal" - so Pollock in seinen Erinnerungen [5]). Fritz Lang hat diese Veränderungen als Verstümmelung seiner Arbeit angesehen und sich vom Ergebnis ausdrücklich distanziert.

Die Ufa übernahm die amerikanische Version im April 1927, um sie in der Provinz weiterlaufen zu lassen, veränderte sie aber vorher noch einmal. Die im August 1927 schließlich freigegebene Fassung war erheblich kürzer als das Original, und von den ursprünglich 176 Zwischentiteln blieben nur 87 erhalten, 53 waren umformuliert oder neu hinzugekommen. Der Kritiker Roland Schacht schrieb dazu: "Dies Metropolis ist gar nicht mehr, auch entfernt nicht mehr, der Film, den wir vor dreiviertel Jahren im Ufa Zoo gesehen haben" [6].

Die in Deutschland gezogenen 40 Kopien der Originalversion waren zwar vernichtet und das für die USA hergestellte Negativ erheblich verändert worden, aber Kopien der für das übrige Ausland produzierten Fassungen waren noch in einige Länder ausgeliefert worden, inzwischen allerdings weitgehend verschollen. 1961 versuchte zunächst die Sowjetunion eine Rekonstruktion auf Grundlage einiger Negativrollen, die nach 1945 in der Bunkeranlage Babelsberg des Reichsfilmarchivs gefunden wurden. Diese Version konnte durch einige Filmrollen aus dem tschechoslowakischen Filmarchiv in Prag erweitert werden und wurde 1971 dem staatlichen Filmarchiv der DDR übergeben, das sich erneut an eine Ergänzung wagte.

Über weitere Rekonstruktionsversuche und Ergänzungen sowie Funde in verschiedenen Filmarchiven gelang es dem Filmmuseum München und der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, ein neues, digital bearbeitetes 35-mm-Negativ mit einer Laufzeit von 118 Minuten zu erstellen, das die UNESCO am 8. November 2001 als ersten Film überhaupt in das Weltdokumentenerbe aufnahm.

Urkunde zur Aufnahme in das Weltdokumentenerbe

Urkunde zur Aufnahme in das Weltdokumentenerbe

Der Durchbruch gelang 2008, als man in den Beständen des argentinischen Filmmuseums in Buenos Aires eine 16-mm-Positivkopie mit der fast vollständigen, verloren geglaubten Original-Auslandsversion von METROPOLIS fand. Diese abgenutzte und fleckige Vorführkopie diente 2010 als Grundlage einer aufwändigen, nahe an die Urfassung heranreichenden Rekonstruktion. Es fehlen nur drei Szenen mit einer Gesamtdauer von 8 Minuten. Die wiederhergestellte Fassung wurde am 12. Februar 2010 zeitgleich im Berliner Friedrichstadt-Palast und in der Frankfurter Alten Oper uraufgeführt; die Berliner Aufführung wurde parallel auf Arte und öffentlich am Brandenburger Tor gezeigt. [7]

Am 22. November präsentieren Kladower Forum und der Arbeitskreis Filme und ihre Zeit ebenfalls diese rekonstruierte Fassung.


Zu Beginn des Abends führt der Historiker Meinhard Jacobs in die Filmgeschichte ein.

Die Bedeutung von Metropolis

Bei den Zeitgenossen fiel METROPOLIS weitgehend durch, man warf dem Film Pathos und Naivität vor. Erst Jahrzehnte später wurde deutlich, welche Bedeutung dieser expressionistische Monumentalfilm insbesondere im Hinblick auf seine Ästhetik und seine filmtechnischen Mittel hat. Er gilt heute als Meilenstein des Kinos, als visionäres Kunstwerk und Vorläufer moderner Science-Fiction-Ästhetik. [8]

Der Film erzählt vom Konflikt zwischen den herrschenden Eliten einer futuristischen Oberstadt und den ausgebeuteten Arbeitern der Unterstadt. Im Zentrum stehen der Industrielle Joh Fredersen, sein Sohn Freder und die Arbeiterführerin Maria. Während Fredersen als kaltherziger Herrscher erscheint, entdeckt Freder das Leid der Arbeiter und lernt durch Maria Mitgefühl. Das Hauptmotiv des Films - Mittler zwischen Hirn und Händen muss das Herz sein - verkörpert den Wunsch nach sozialer Versöhnung zwischen Technik, Macht und Menschlichkeit.

Maria und die Kinder der Unterstadt

Maria und die Kinder der Unterstadt (Foto: Deutsche Kinemathek)

Langs Film ist jedoch weniger eine Erzählung im klassischen Sinne als eine Allegorie auf die Moderne. Die monumentalen Hochhäuser symbolisieren Fortschritt und Hybris zugleich, während die unterirdischen Maschinenhallen die Schattenseiten der Industrialisierung zeigen. Diese architektonische Zweiteilung spiegelt auch die seelische Spaltung des modernen Menschen wider.

Günther Rittau, einer der führenden Kameraleute der Ufa und neben Karl Freund der zweite Kameramann des Films, prägte mit seinen innovativen Aufnahmetechniken das visuelle Erscheinungsbild von METROPOLIS. Rittau kombinierte Mehrfachbelichtungen, Rückprojektionen, Modellaufnahmen und neuartige Beleuchtungseffekte, um eine in sich geschlossene, glaubhafte Zukunftswelt zu erschaffen.

Hochhäuser in Metropolis

Hochhäuser in Metropolis (Foto: Deutsche Kinemathek)

Besonders innovativ war seine Zusammenarbeit mit Eugen Schüfftan, dem Erfinder der sogenannten "Schüfftan-Methode", bei der Miniaturmodelle und reale Schauspieler durch Spiegeltricks zusammengeführt wurden.

Für Szenen wie die Darstellung der gigantischen Stadtarchitektur nutzten Rittau und sein Team Modelle, die mehrere Meter hoch waren und bis zu 70 Stockwerke darstellten. Die Verkehrsadern von METROPOLIS wurden durch Stop-Motion-Animationen belebt: Etwa 300 Modellautos wurden bei jeder Einzelaufnahme leicht vorgerückt, was zu acht Tagen Arbeit für zehn Sekunden Film führte. Diese Präzision ließ die Illusion einer lebenden, atmenden Stadt entstehen - ein filmtechnischer Meilenstein.

Rittau setzte Licht als dramaturgisches Element ein: Die Oberstadt erstrahlt in kaltem, hellem Licht, das Modernität und Rationalität ausdrückt, während die Unterstadt in Schatten, Nebel und flackernde Maschinenglut getaucht ist. Dieses Spiel mit Licht und Dunkelheit verstärkt die symbolische Trennung zwischen Geist und Körper, oben und unten, Herrschaft und Knechtschaft.

Arbeiter in der Unterstadt

Arbeiter in der Unterstadt (Foto: Deutsche Kinemathek)

Lexikon des Internationalen Films

(zitiert nach Wikipedia)

Fritz Lang verbindet in seinem monumentalen Stummfilmepos mythisch-romantische Motive des deutschen Expressionismus mit technischer Utopie und politischer Spekulation. Filmästhetisch ein virtuos durchkomponiertes Licht- und Schattenspiel, das durch suggestiven Montagerhythmus und architektonische Phantasie fesselt; filmgeschichtlich ein früher Klassiker des Science-Fiction-Kinos; zeitgeschichtlich ein aufschlussreicher Kommentar zur Sozialpsychologie der Massengesellschaft der Weimarer Republik - auch wenn am Ende die gesellschaftlichen Widersprüche mit reaktionärem Pathos zugedeckt werden.

mit freundlicher Unterstützung
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Anmerkungen

[1]

Diese und die weiteren Zahlenangaben zur Produktion aus: UFA-MAGAZIN. Sondernummer Metropolis. Hrsg. von der Presseabteilung der Ufa zur Premiere am 10. Januar 1927. o.J., o.S. (Faksimile des Archiv-Verlags, Braunschweig 1992)

[2]

Für die Dreharbeiten kaufte die Ufa den bankrotten Rumpler-Werken die Restbestände des legendären futuristischen Tropfenwagens als Requisiten ab. Die Fahrzeuge sind gegen Ende des Films in einer Straßenszene zu sehen und wurden in der finalen Szene zerstört - sie dienten als Sockel des Scheiterhaufens, auf dem der Maschinenmensch verbrannt wird. (Wikipedia, Artikel Metropolis (Film), Abschnitt Sonstiges. Zuletzt abgerufen am 31.10.2025)

[3]

Enno Patalas, Metropolis in/aus Trümmern. Eine Filmgeschichte. Berlin 2001, S. 8

[4]

zit. nach: Wikipedia, Artikel Metropolis (Film). a.a.O.

[5]

Enno Patalas, a.a.O.

[6]

ebd., S. 8 f.

[7]

s. Wikipedia, Artikel Metropolis (Film). a.a.O. 

[8]

Nach Ansicht des Regisseurs Christopher Nolan sind Blade Runner, 2001: Odyssee im Weltraum und Metropolis die drei Science-Fiction-Filme, an denen sich alle anderen Filme des Genres messen lassen müssen (Wikipedia, Artikel Metropolis (Film), Abschnitt Sonstiges. a.a.O.) 

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